Die LPD Wien ist bis jetzt die erste Stelle, die mehr von mir wollte, um meine Daten zu berichtigen. Sie fordern eine Kopie eines amtlichen Lichtbildausweises, der ein Lichtbild, Unterschrift, Geburtsdatum und -ort enthält. Alle Informationen, die auf einem österreichischen Personalausweis, Reisepass oder Führerschein enthalten sind, habe ich bereits mit meinem ursprünglichen Antrag übermittelt, mit Ausnahme natürlich einer etwaigen Dokumentennummer und des Lichtbildes.

Es ist mir nicht ersichtlich, inwiefern ein Lichtbild von mir oder eine Unterschriftenkopie helfen würden, meine Identität zu belegen, vor allem nicht, da die LPD Wien von weder dem einen, noch dem anderen eine Vergleichsprobe hat. Weiters war der ursprüngliche Antrag bereits mit einer qualifizierten elektronische Signatur laut Art. 3 Z 15 eIDAS-VO versehen, welche nach § 4 SVG Abs. 1 der handschriftlichen Unterschrift im Sinne des § 886 ABGB gleichgestellt ist und die Identifikation meiner Person zweifelsfrei ermöglicht.

Laut laufender Rechtsprechung (z.B. BVwG W214 2228346-1 vom 27.05.2020) ist die qualifizierte elektronische Signatur im Anwendungsbereich der DSGVO ein zum Nachweis der Identität ausreichendes Mittel. Der Verantwortliche darf auch nicht generell die Vorlage eines Identitätsnachweises verlangen (DSB DSB-D123.901/0002-DSB/2019 vom 31.07.2019). Das Verlangen nach einem weiteren Identitätsnachweis ist nur bei begründeter Zweifel an meiner Identität möglich, welche durch die qualifizierte elektronische Signatur und die bereitgestellten Daten nicht bestehen sollten (Siehe dazu auch Jahnel, Kommentar zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Art 12, Rz 11/13). Meine qualifizierte elektronische Signatur ist zusätzlich eine e-ID nach § 4 Abs. 1 E-GovG.

Die LPD Wien hat keine Gründe angeführt, warum sie nicht in der Lage sei, mich oder meine Daten zu identifizieren. Ihr ist meine Adresse bekannt, und mir wurden auch schon mehrmals RSa Briefe von ihr erfolgreich zugestellt, zuletzt am 06. April 2023, als Antwort auf ein Schreiben von mir, in dem meine Adresse nicht erwähnt wurde, und die einzige Identifikationsmöglichkeiten mein Name und mein Postfach waren. Mein Schreiben hatte auch keinerlei elektronische Signatur und wurde per Fax verschickt. Es steht der LPD Wien auch frei in das (in Österreich für jede*n und für Behörden sowieso) zugängliche Melderegister Einsicht zu nehmen, um die Daten so zu überprüfen (was sie ja anscheinend auch tun), oder in diesem Fall das amtliche Prüfservice für qualifizierte elektronische Signaturen, welches von der Telekom-Control-Kommission bereitgestellt wird, zu verwenden. Außerdem gibt es für österreichische Staatsbürger*innen keine Pflicht, überhaupt irgendeinen amtlichen Lichtbildausweis zu besitzen1, und es ist kaum sachlich gerechtfertigt, diese Menschen von ihren Grundrechten auf Datenschutz auszuschließen, solange andere Möglichkeiten der Identifizierung bestehen. Das Verlangen nach einem solchen zur Bestätigung der erfolgten Änderung ist daher eine überschießende Anforderung, die mein Grundrecht auf Datenwahrheit unzulässig einschränkt.

Da sich die Landespolizeidirektion Wien geweigert hat, auf meinen Antrag hin tätig zu werden, bzw. gar nicht reagiert hat (das Verkehrsamt), habe ich gegen beide Verantwortliche Beschwerde an die Datenschutzbehörde erhoben. Schließlich habe ich Post bekommen: Über ein Monat nach der gesetzlich festgelegten Frist (vom Verkehrsamt) und von der LPD Wien direkt. Auf einmal kann meine Identität doch zweifelsfrei festgestellt werden, ohne das ich weitere Angaben gemacht hätte. Sehr interessant. Und dann kommt der spannende Teil. Eine Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts wäre nicht genug, um zu belegen, dass die Daten wirklich zu ändern sind.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien stellt keinen ausreichenden Nachweis für die objektive Unrichtigkeit von Daten dar. Beweisbedürftig ist in diesem Zusammenhang, ob diese Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist, ein Rechtmittelerhoben wurde und sohin (k)ein Eintrag im Personenstandsregister vorgenommen wurde. An den geforderten Beweis der Unrichtigkeit wird ein hoher Maßstab angelegt, da eine Berichtigung von behördlichen Daten, insbesondere im Anwendungsbereich des DSG weitreichende Folgen hat. Sie werden daher aufgefordert, die objektive Unrichtigkeit der gegenständlichen Daten nachzuweisen. Dies kann etwa in Form der Übermittlung einer Rechtskraftbestätigung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien, Auszug aus dem Personenstandsregister (...)

Damit ist die LPD Wien aber auf dem Holzweg. Ob Rechtsmittel erhoben wurden, ist nur relevant, sollte diesen aufschiebende Wirkung zuerkannt werden. Dies ist nicht erfolgt. Verwaltungsgerichte können nach laufender Rechtsprechung Änderungen u.a. im Personenstandsregister verfügen (vgl. VwGH 14.12.2018, Ro 2018/01/0015; VwGH 24.05.2018, Ro 2017/07/0026; VwGH 29.11.2006, 2001/01/0453). Erkenntnisse eines Verwaltungsgerichts sind auch bei erhobener Revision vollstreckbar, sollte der Revision keine aufschiebende Wirkung zuerkannt oder diese gar nicht beantragt werden (§ 28. (5) VwGVG i.V.m. § 30. (1) VwGG). Das Standesamt hatte daher die Änderung im Personenstandsregister durchzuführen (und dies auch getan).

Es gelangt § 46 AVG zur Anwendung, der den Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel festlegt, womit als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und zweckdienlich ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 46 RZ 1). Man könnte auch einen Schritt weiter gehen, § 45 AVG: “Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind,(…) bedürfen keines Beweises.”. Wenn jetzt also die LPD Wien nicht gerade dem Landesverwaltungsgericht Wien jede Kompetenz und Existenzberechtigung absprechen will, ist allein schon aus diesem Grund die Erkenntnis genug.

(...) oder Übermittlung eines lhrem Antrag auf Berichtigung entsprechenden, behördlichen ldentitätsdokumentes (Reisepass) erfolgen.

Also jetzt doch ein amtlicher Lichtbildausweis?

Nach Erhalt der entsprechenden Nachweise wird lhr Antrag auf Berichtigung im Rahmen der vorliegenden technischen Möglichkeiten einer Erledigung zugeführt werden.

Schön, dass sie mir gleich sagen, dass sie wahrscheinlich nicht ändern können. Das nicht-vorliegen der entsprechenden technischen Möglichkeiten seitens der Software ist kein Grund, meinem Begehren nicht zu entsprechen und meine Grundrechte einzuschränken (vgl. VfGH 15.06.2018, G77/2018; LVwG OÖ 18.2.2020, LVwG-750727/5/MZ; VwGH 14.12.2018, Ro 2018/01/0015). Die LPD Wien hat es in über fünf Jahren lang versäumt, die technischen Möglichkeiten zu schaffen, solche Änderungen durchzuführen. Wie die sie mit meinem Änderungsantrag umgeht, und welche technischen Möglichkeiten dafür bestehen oder erst geschaffen werden müssen, ist eine Frage der internen Behördenrganisation der LPD, kann aber keine Auswirkungen auf meine grundrechtlich geschützte Rechtsposition nach sich ziehen.

Die DSGVO sieht für Anträge, deren Komplexität oder deren Umfang über das übliche Maß hinausgehen eine Fristverlängerung auf insgesamt drei Monate vor, welche es der LPD Wien frei steht in Anspruch zu nehmen, um die Software entsprechend anzupassen. Da sie schon über einen Monat in Verzug waren, meinen Antrag zu bearbeiten, ist davon auszugehen, dass diese verlängerte Frist, sollten sie in Anspruch genommen werden, mit 12. Juni 2023 endet.

  1. Das sagt die Polizei selbst (und es ist auch so), siehe z.B. hier