Sebastian Elisas diverse Themen

Was interessiert uns das Personstandsregister?

Dieses Mal geht es um eine überall geliebte Institution, und zwar die GIS Gebühren Info Service GmbH (Ich muss aber auch sagen, dass ich ein großer Fan von öffentlich-rechtlichem Rundfunk bin. Nicht der GIS). Auch die GIS hat einen Änderungsauftrag von mir bekommen, mein Geschlecht anzupassen. Da das noch relativ am Anfang war, haben sie eine Kopie der Erkenntnis bekommen, und nicht meiner neuen Geburtsurkunde, da diese noch nicht ausgestellt war.

Aus irgendeinem Grund glaubt die GIS jetzt, diese Erkenntnis würde nur die Behörde binden, die das Personenstandsregister betreibt, und dass sie mit “Die GIS führt das Zentrale Personenstandsregister nicht” davonkommen. Auch wenn sie das nicht tun, was ich nicht bestreite, befreit sie das nicht von der Pflicht, die Änderung meiner unrichtigen personenbezogener Daten durchzuführen. Das Erkenntnis bindet primär zwar nur die Personenstandsbehörden, die GIS hat da aber missverstanden, dass sie die Erkenntnis überhaupt nur bekommen haben, weil ich noch keine neue Geburtsurkunde hatte, und einen Beleg gebraucht habe, dass die Daten zu ändern sind. Damit verbunden argumentieren sie dann, dass die Daten aus mehreren Quellen stammen, unter anderem aus dem Melderegister, und dort tritt die Änderung, dass es die anderen Geschlechtsoptionen geben wird, erst im November 2023 in Kraft. Abgesehen davon, dass das Versäumnis des Bundesministers für Inneres, Rechtskonformität herzustellen und das Melderegister rechtzeitig anzupassen, kein Grund ist, meine Grundrechte einzuschränken, ergibt sich die Verpflichtung der GIS, die Daten zu ändern, weder aus dem Personenstandsgesetz, noch dem Meldegesetz, sondern eben aus dem DSG und der DSGVO.

Und überhaupt stammt die Angabe “männlich” ja von mir, weil ich das in Formularen 2021 und 2022 so angegeben hatte. Was auch stimmt. Aber: Öffnen wir einen Kalender, dann sehen wir, dass 2021 und 2022 beide vor 2023 waren, und damit vor der Änderung. In (amtlichen) Formularen ist nie die Geschlechtsidentät gefragt, es ist immer das “offizielle” Geschlecht, und damit war es damals leider männlich. Außerdem war es bis mindestens Mai 2023 nicht möglich, etwas anderes als “männlich” oder “weiblich” in den Formularen der GIS auszuwählen, teilweise ist es das immer noch nicht. Und dort, wo es andere Optionen gibt, ist es nur “divers”, und keine der anderen vorzusehenden Möglichkeiten. Und bis jetzt war die Angabe ja auch richtig. Ja. Das heißt aber nicht, dass sie jetzt richtig sind. Wenn ich heiraten sollte und sich dadurch mein Name ändert, müsste die GIS das ebenso nachziehen.

Dann hat die GIS anscheinend die Idee von der ÖBB geklaut, dass “unbekannt” ja das Gleiche wäre wie “divers”. Was im Personenstandsregister steht, ist ihnen egal, auch wenn das Meldegesetz geändert werden würde, wäre “auch fraglich, ob sich hieraus überhaupt eine Verpflichtung der GIS zur Vervollständigung der bei ihr geführten Geschlechtsoptionen abgeleitet werden könnte”. Wie wir aber festgestellt haben, ergibt sich die Verpflichtung zur Änderung weder aus dem einen noch dem anderen, sondern eben aus der DSGVO.

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Weg (m)einer Klage auf divers

Es ist eine Tradition in Österreich, dass LGBTIAQ+ Rechte nicht vom Parlament beschlossen werden, sondern durch Klagen bis zum Verfassungsgerichtshof erwirkt werden müssen.
Das geht von der Aufhebung des höheren Schutzalters für Sexualkontakte zwischen Männern (Strafbar bis 2002, Aufhebung durch den VfGH1), der Adoption von fremden Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare (verboten bis 2016, Aufhebung durch den VfGH2), der gleichgeschlechtlichen Ehe (möglich seit 2019, Aufhebung mehrerer verfassungswidrigen Einschränkungen durch den VfGH345678) und jetzt zuletzt die Möglichkeit, andere Geschlechtseinträge als “männlich” und “weiblich” zu führen (ermöglicht durch den VfGH 20189, verhindert durch Innenminister Herbert Kickl10).

2018 erkennt der Verfassungsgerichtshof zu Recht: Es muss möglich sein, andere Geschlechtseinträge im Personenstandsregister zu führen, als “männlich” und “weiblich”. Als Kriterium für den Eintrag ist die Geschlechtsidentität der jeweiligen Person heranzuziehen.

Dieses von Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht auf individuelle Geschlechtsidentität umfasst auch, dass Menschen – nach Maßgabe des Absatzes 2 dieser Verfassungsbestimmung – (nur) jene Geschlechtszuschreibungen durch staatliche Regelung akzeptieren müssen, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen.
Eine gesetzliche Verpflichtung zur Angabe einer ihrer geschlechtlichen Identität widersprechenden Bezeichnung des Geschlechts von Personen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich im ZPR stellt eine fremdbestimmte staatliche Geschlechtszuschreibung und damit einen Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht dieser Personen auf individuelle Geschlechtsidentität dar.
Eine Verpflichtung zu einem und eine starre Beschränkung auf einen binären Geschlechtseintrag kann jedoch den Anforderungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK an die Verhältnismäßigkeit nicht gerecht werden. Es ist kein Grund von entsprechendem Gewicht zu erkennen, der eine solche Beschränkung des durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechts auf individuelle Geschlechtsidentität rechtfertigt.

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